Situation und Ort

Das freie Bebauungsfeld zwischen Dorfbach, Tych und altem Webi-Areal liegt im Spannungsfeld von idyllischem Grünraum zu industriellem Vorstadtcharakter. Die Weite und Grosszügigkeit der im Perimeter inhärenten Landfläche birgt ein grosses Potenzial für eine raumgreifende städtebauliche Geste, welche am Fusse von Aaburg mit der beeindruckenden Stadt- und Burgkulisse ein neues, eigenständiges und kräftiges Wohnviertel schafft. Leitender Gedanke in der volumetrischen Setzung ist dabei eine grosse Kompaktheit der Baukörper zugunsten eines maximalen Frei- beziehungsweise Umraums. Mit der Bebauungstypologie der Zeile wird die Durchgrünung bis in die Tiefe des Grundstücks ermöglicht, der Blick weit hoch zur Burg und hinab in den Grünraum von Bach und Tych bleibt für jeden Bewohner zu jeder Zeit möglich. Die Baukörper sind in ihrer Stellung optimal Ost-West orientiert und durch das leichte Auffächern wird Richtung Süden raumgreifend die Fläche besetzt, aber gleichzeitig auch eine grosszügige Distanz der Volumen zueinander geschaffen. Ebenso entsteht über die figurativ betrachtet ausgreifenden gespreizte Hand, zur bestehenden Villa hin eine konzentrierte Mitte als Schwerpunkt zusammen mit der in der Planung befindlichen Bahnhofsüberbauung. Dazugehörig wird so über die Nutzung der Gebäude der Aussenraum aktiviert und es entstehen Orte unterschiedlicher Qualitäten welche nie isoliert voneinander wahrgenommen werden sollen. Die langen Bauköper sind entsprechend dem umgrenzenden Perimeter leicht zueinander überschoben und in ihrer Höhe individuell gestaffelt. Die grosse volumetrische Geste schafft so in unterschiedlichen Sequenzen auch räumliche übergreifende Querbezüge und auf Fussgängerebene ein Erschliessungs- und Blickbezüge zwischen Hotel Krone und Webi-Areal. Prägend sind dabei die identitätsstifende Blicke Richtung Süden und Norden zwischen den Häusern, welche jederzeit eine Orientierung innerhalb des neuen Gevierts zulassen und so einer Ghettoisierung, wo der Blick allseitig durch neu erstellte Baukörper geprägt ist (Bebauungsmuster mit kleineren Einzelbauten), entgegenwirkt. 

 

Erschliessung, Nutzungsverteilung und Etappierung

Grundsätzlich verfügen alle fünf Zeilen immer über alle geforderten Nutzergruppen, wie Gewerbe, Miete, Wohnen im Alter und Eigentum. Im nördlichen Kopf und zu der Zentrum der Anlage gerichtet jeweils das Gewerbe, in der Mitte die Mietwohnungen mit einem Anteil Wohnen im Alter im EG und im südlichen Kopf, privilegiert und mit freiem Blick ins Grüne, das Eigentum. Je nach direktem Umfeld werden diese Nutzungen jedoch verdichtet und kommen in unterschiedlicher volumetrischen Ausprägung in Erscheinung. Der längste der Baukörper schliesst dicht an die neuen Sammelstrasse im Osten an. Er sucht durch seine Stellung und Höhe im Kopf, sowie über die Erdgeschossnutzung (z.B Läden und Klein-Dienstleistungsbetriebe) die Nähe zur Bahnhofsbebauung und damit die städtische Anbindung. Die Baugruppe wird dort bewusst zurückgenommen und im Bereich der Villa, welche hauptsächlich Kindertagesstätte und Quartiertreffpunkt beherbergt, verdichtet. Ebenso verhält sich die Randzeile zum Webi-Areal, welche in umgekehrter Art tief zur Villa anschliesst und mit der Ausgestaltung des Gewerbeteils (z.B Klein-Handwerksbetrieb, mechanische Dienstleister) eher dem industriellen Charakter seines direkten Nachbarn entspricht. So eindeutig und fassbar die volumetrische Grunddisposition der Baukörper ist, so fein können innerstrukturelle Feinheiten das System verdichten. Geschosshöhen variieren je nach Gebäudehöhe und Nutzungen, Brandabschnittsbereiche einzelner Nutzergruppen sind variabel je nach Raumprogramm und gewünschter Durchmischung. 

Ausgangspunkt und Hauptaktivitätsort ist die Mitte der Anlage mit Villa und Baumhain. Das Gewerbe schliesst an diesen Ort an bietet Raum für siedlungsinterne Belebung und Öffentlichkeit. Der Hauptverkehrsstrom vom Bahnhof wird aus dieser nördlichen Ecke des Perimeters erwarten, über den Platz geleitet und in die Tiefe des Grundstücks entlang der Baukörper an seinen Bestimmungsort geleitet. Dazu werden, über grosszügige erdgeschossige Durchbrüche in den Zeilen, ringartige Querbezüge geschaffen, welche in Ost West Richtung das Geviert erschliessen und verbinden. Webi-Areal, alte Strickerei sowie der Landschaftsbereich um Dorfbach und Mühletych werden so in der neuen Bebauung zusammengewoben. Entsprechend der Nutzung zu erwartenden Frequenzen ist das Wegsystem grosszügiger (Gewerbe und Miete/Wohnen im Alter) im Norden zum Platz oder eben feinadriger und intimer mit dichterer Vegetation im Süden zum Eigentum hin. Die Durchgänge im Erdgeschoss sind ebenfalls Haupteingangszonen der Baukörper, von welchen aus über eine innere „Rue interiéure“ sämtliche Treppenhäuser erschlossen werden. 

Die gewählte Grundtypologie gepaart mit der inneren Struktur (durchgängiges statische Raster über alle Nutzungen, modulartiges Wohnungssystem) lassen Spielraum in der Wahl der Etappierungen. Ob drei oder fünf erlaubt das System eine maximale Flexibilität in der Nutzungsaufteilung, sowie im gewünschtem Wohnungsspiegel wie auch in den gewünschten Zeitabschnitten. Dem Zeilenbau, als additivem System, inhärent ist die Situation in jedem Fall gelöst, und wirtschaftliche Zwänge, welche sich aus den ersten Schritten abzeichnen, können in Variationen der folgenden Baukörper angepasst werden (mehr oder weniger Gewerbe, mehr oder weniger Eigentum).

 

Aussenraum

Das Webiareal wird wesentlich durch die Landschaftselemente der beiden Wasserläufe und durch das Wäldchen bei der Villa geprägt. Diese beiden Elemente stehen direkt für den „genius loci“ des Areals und geben dem Webiareal seine unverwechselbare Identität. 

Die Umgebungsgestaltung schlägt eine stark durchgrünte,  parkartige Gesamterscheinung vor, welche durch das Element „Baum“ geprägt wird. Ausgangspunkt bilden die bestockten Wasserläufe und das Wäldchen mit seinem dichten Baumbestand. Die beiden Elemente werden neu zueinander in Beziehung gesetzt. Die Baumebene wird innerhalb einer landschaftlichen Typologie ausgelotet und differenziert eingesetzt. Es ergibt sich ein fliessender Übergang von waldartigen Situationen über Baumhaine und Gruppen bis zum malerischen Einzelbaum und wieder zurück. Aufenthalt und Spiel steht ebenfalls immer in direktem Zusammenhang mit der Baumebene: Wiesenflächen mit wenigen Einzelbäumen ermöglichen Rasenspiel und kleine Baumgruppen einen geschützten Aufenthalt. Herz der Aufenthaltsflächen bilden die beiden waldartigen Situationen bei der alten Villa. Ein Waldspielplatz vis à vis der bestehenden Villa bietet geschützten Aufenthalt für Quartier und KiTa und im angrenzenden Zauberwald bietet ein grosses Baumhaus in den Wipfeln einen Ort zum Beobachten oder Verweilen.

Die Strukturierung zwischen urbaneren und landschaftlichen Bereichen wird auf der Boden- und Ausstattungsebene gelöst.  Analog des morphologischen Aufbaues eines Blattes mit seinen Blattnerven wird ein verzweigtes und flexibles Wegsystem vorgeschlagen. Die Wegtypologie unterstützt den parkartigen Gesamteindruck ohne sein hohes Mass an Flexibilität zu verlieren. Im Erschliessungs- und Anlieferungsbereich herrschen Drainasphaltflächen und Kiesbeläge vor. Diese Beläge sind mulfifunktional nutzbar und ergeben eine grosszügige Aufenthaltszone mit verschiedenen Ausstattungselementen. Die harten Beläge werden im Bereich der Wohnnutzung durch Rasen-, später durch Wiesenflächen abgelöst. Die kanalisierten Bäche bleiben erhalten denn sie tragen in hohem Masse zum Verständnis der industriellen Vergangenheit bei. In einem Parallelsystem wird der Dorfbach abgezweigt und ökologisch aufgewertet.

 

Innere Struktur und Wohnungen

Jeder Zeile liegt ein durchgängiges Stützenraster zugrunde, welches für allen Nutzungen die statische Funktion übernimmt. Damit kann zusammen mit den Erschliessungskernen das primäre Tragsystem gelöst werden und unabhängig vom Wohnungsmix, von Gebäudelänge und Gebäudehöhe bestehen. Die Wohnungen basieren auf einem modularen System von Zimmer, Nassbereichen und Küchenzeilen, sodass die Grössen im Sinne einer Adaptabilität und im Sinne einer Variabilität verändert werden. Der Wohnungsschlüssel innerhalb des Systems lässt sich so in der Planung, im Sinne einer bewohnbaren Flexibilität verändern und aufgrund möglicher wirtschaftlicher Erkenntnisse der ersten Etappen und veränderten Bedürfnisse verändern. So sind die Zimmermodule zusammen mit dem System der Nassbereichen so gelegt dass sie ähnlich wie Schaltzimmer der einen oder anderen Wohnung zugeordnet werden können. Alle Wohnungen verfügen über einen in Ost-West Richtung durchgängigen Tagbereich (Wohnen/Essen/Küche) welche innere Grosszügigkeit verspricht. 

Das Erdgeschoss ist geprägt von der inneren Rue intérieure, an welche die Treppenkerne anschliessen und welche die daran angegliederten zumietbaren Atelierräume, die gemeinschaftlichen Waschbereich sowie die Alterwohnungen erschliesst. Es soll ein halböffentlicher Raum geschaffen werden, welcher einen gesellschaftlichen Mehrwert ermöglicht und für Mietwohnungen den gewünschten sozialen Kontakt fördert. 

Die Eigentumswohnungen sind drei- oder zweibündig an einem grosszügigen, auch natürlich belichteten Treppenhaus angegliedert. Sie profitieren ihrer Lage im Baukörper vom warmen Südlicht und dem freien Blick auf das Grün. Hauptsächlich Lage und zusätzliche Raumhöhe entsprechen dem gewünschten leichten Standardplus innerhalb eines homogenen Wohnsystems.

Die Parkierung wird primär im ersten Untergeschoss gelöst. Selbstverständlich erschliesst sich die Parkgarage quer durch alle Baukörper von der Sammelstrasse des Hotel Krone und vom Webi-Areal her. Ein- bzw. Ausfahrt sind beiderorts möglich und lassen eine optimale Grunderschliessbarkeit erwarten. Die Parkplätze werden jeweils einfach und direkt unter den Baukörper gelöst und entsprechen so auch der Etappierbarkeit des ganzen Areals. Um die im Wettbewerbsproramm geforderte Zahl von Parkplätzen zu gewährleisten wird eine zweite Ringerschliessung des zweiten Untergeschosses, welches grundsätzlich die Kellerräume aufnimmt, angezeigt. Der Gestaltungsplan wird diese Massnahme in der endgültigen Festlegung der Parkplatzzahl legitimieren. 

 

Wirtschaftlichkeit, Ökologie und äussere Erscheinung

Die relativ dicken Baukörper, die kompakte, direkte und schnörkellose städtebauliche Haltung verspricht im Sinne der Wirtschaftlichkeit und gleichzeitig der Ökologie eine grundsätzliche Straffheit in der Erstellung, wie auch im Unterhalt und Betrieb. Sämtliche Parameter, wie eine haushälterische Anordnung der Parkgarage, eine an sich verdichtete Volumetrie, die daraus resultierende geringe Fassadenabwicklung wie auch das statische System (Stützen- Plattensystem mit üblichen Spannweiten) mit integrierter Modularität lassen eine geringen Kostenrahmen erwarten. Über die Anzahl der Gebäudekörper, deren Nutzungsverteilung und der gewählten Struktur lässt sich spezifisch auf den Markt reagieren, währen Grunddisposition Lage und Standort berücksichtigt. Sämtliche technische Anforderung wie kontrollierte Wohnungslüftung, Grundwasser, Erdwärme oder Sonnenenergienutzung können in der Projektierung berücksichtigt werden und der Nachhaltigkeit entsprochen werden. Ebenso ist denkbar, die geschlossen Wandelement im vorgefertigten Holzelementbau auszuführen.

Die einzelnen Gebäudekörper wirken über ihre strenge und unprätentiöse volumetrische Setzung. Leicht schief zueinander, raumöffnend zum Grünen, raumbildend zum Platz/Baumhain. Die Fassade wirkt dabei als durchgängiges System von geschlossener Brüstung zu offenem Fensterband. Die unterschiedlichen Geschosshöhen werden direkt nach aussen getragen und widerspiegeln die feine Abstufung der Nutzungsdichte. Umfassendes und im Brüstungsbereich durchlaufendes Fassadenmaterial ist eine hinterlüftete mit Skobalitplatten verkleidete Konstruktion. Die zwar homogene Wirkung des Materials zeichnet die Länge strukturell, wobei über die Farbigkeit der dahinterliegenden gestrichenen Dämmung, je nach Wohnungsverteilung, eine wechselndes Bild generiert und im Zusammenspiel mit dem Scobalit eine changierende Wirkung erzeugt. Sonnenlicht, Spiegelungen der umliegenden Bäume, die unterschiedlichen Raumtiefen der dahinterliegenden Loggias versprechen dabei die Monotonie wirkungsvoll aber kontrolliert zu brechen. 

 

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